12 – Zuri, der philosophische Tiger
Die Begegnung mit Zuri, dem philosophischen Tiger
Die fünf Gefährten – Baxter, Jasper, Leo, Luna und Milo – folgten Nalas Rat und wanderten tiefer in den gemalten Wald hinein. Die Farben um sie herum wurden blasser, die Muster sanfter, bis sich schließlich der Wald in ein weiches Aquarell verwandelte. Es war, als würden die Grenzen zwischen Farbe und Leere verschwimmen.
„Ich habe das Gefühl, als wären wir in einem unfertigen Bild“, murmelte Jasper und ließ seinen Blick über die sanften Verläufe schweifen.
„Oder in einem Bild, das noch auf seine Geschichte wartet“, ergänzte Leo nachdenklich.
Plötzlich blieb Luna stehen. Ihre scharfen Augen hatten eine Bewegung in der Ferne erfasst.
Auf einem moosbedeckten Felsen saß eine Gestalt, ruhig und regungslos. Sein Fell war von tiefen, kräftigen Streifen durchzogen, doch in seinen Augen lag eine unendliche Tiefe, als würde er alle Geschichten dieser Welt kennen – und vielleicht noch einige mehr.
„Das muss Zuri sein“, flüsterte Milo ehrfürchtig.
Der Tiger hob den Kopf, als hätte er ihre Ankunft bereits erwartet. Sein Blick ruhte sanft auf ihnen, und ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. „Ihr sucht nach dem ersten Pinselstrich“, sagte er mit einer Stimme, die wie ein ferner, sanfter Wind klang.
Leo trat vor. „Ja. Wir möchten wissen, wer uns gemalt hat. Wer hat den ersten Strich gesetzt? Wer hat den Wald erschaffen?“
Zuri schwieg einen Moment. Dann fuhr er mit einer Pranke sanft über das Moos auf seinem Felsen. „Eine interessante Frage“, sagte er schließlich. „Aber ist sie wichtiger als das, was ihr bereits seid?“
Jasper schnaubte. „Natürlich! Wir wollen wissen, woher wir kommen! Wie kann man etwas sein, ohne seinen Ursprung zu kennen?“
Der Tiger ließ seinen Blick über die Gruppe gleiten. „Und wenn ihr ihn findet – was dann? Wird es euch verändern?“
Stille.
Baxter gähnte und legte sich ins weiche Gras. „Ich finde ja, Fragen sind schön und gut, aber irgendwann will man auch eine Antwort. Sonst könnten wir ja einfach ewig weiterfragen.“
Milo nickte eifrig. „Ich will es einfach verstehen. Da muss es doch eine Antwort geben, oder nicht?“
Zuri betrachtete ihn einen Moment, dann zeigte er mit seiner Pranke auf den Boden. „Schaut hier.“
Die Gefährten traten näher. Auf dem Felsen, direkt unter Zuri, war ein einzelner, klarer Strich zu sehen.
Er war alt, vielleicht der älteste im ganzen Wald. Und doch schien er lebendig.
„Der erste Strich?“ flüsterte Luna ehrfürchtig.
„Vielleicht“, sagte Zuri. „Vielleicht auch nur der erste, den wir erkennen.“
Milo runzelte die Stirn. „Aber wenn er hier ist, dann muss ihn doch jemand gemacht haben! Wer war es?“
Zuri sah ihn lange an, dann erhob er sich langsam. „Kommt mit. Wenn ihr die Antwort wirklich sucht, müsst ihr weitergehen – dorthin, wo das Gemalte endet.“
Ein leiser Wind erhob sich. Etwas lag in der Luft, eine Ahnung von etwas Großem.
„Dann sollten wir keine Zeit verlieren!“, rief Jasper aufgeregt.
Und so folgten sie Zuri, tiefer in das Unbekannte, dorthin, wo vielleicht das Geheimnis des ersten Pinselstrichs verborgen lag.
Manchmal ist es nicht die Suche, die uns verändert – sondern das, was uns begegnet, wenn wir still werden.
Zuri erscheint nicht, um Antworten zu liefern.
Er erscheint, um dich zu erinnern.
An das, was du längst weißt.
An die Weisheit, die in dir wohnt.
An die leise Kraft des Erkennens.
Was in dir wartet schon darauf, erkannt zu werden?
Zuri, der philosophische Tiger
Öl/Mixed Media auf Leinwand, 30 x 40 cm
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Zuri beobachtet dich nicht – er durchdringt dich.
Mit blauen Augen, die mehr fragen als sagen.
Sein Blick stellt keine Forderung – und lässt dir doch keine Wahl.
Zuri ist kein Jäger.
Er ist ein Spiegel.
Ein Träger alter Fragen und stiller Wahrheiten.
Wer ihm begegnet, wird nicht belehrt – sondern erinnert.
Daran, dass Weisheit nicht laut ist.
Dass Tiefe nicht beweisen muss, dass sie da ist.
Zuri sitzt still.
Und manchmal ist das alles, was es braucht,
damit sich in dir etwas bewegt.

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